Er muss süß sein und vor Vanille-Aromen strotzen. Jemand mit einer solchen Auffassung sollte einen Bogen um den Velier Hampden Jamaica Pure Single Rum 2010 machen. Denn dieser Tropfen entspricht nicht dem Klischee eines Standard-Rums; er entspricht dem Klischee eines High End-Tropfens.
Der unabhängige italienische Abfüller Velier ergänzte vor einigen Monaten sein Portfolio um einen Jamaica Rum aus dem Jahre 2010.
Über einige Fachhändler findest du ihn seit kurzem auch bei uns; und was dir dort angeboten wird, könnte transparenter kaum sein.
So ist das Flaschenlabel des Velier Hampden Jamaica Pure Single Rum 2010 gespickt mit einem Sammelsurium an Ziffern und Buchstaben. Keine schmucken Tasting-Notes, die dir vorgeben, welche Aromen du zu finden hast, sondern vielmehr Herstellungsfakten.
Details, die dem Rum-Aficionado Tränen in die Augen treiben. Eine solche Fülle an Angaben ist selbst für einen unabhängigen Abfüller ungewöhnlich.
- 100 % Adam’s Pot Still Distillation
- 6 Jahre
- HLCF: High Ester Expression
- Ohne Zuckerzusatz
- Fassstärke: 68,5 %Vol.
Sogar den Angels‘ share, der im Laufe der Reifungszeit aus dem Fass verdunstete, gibt das Unternehmen an. Satte 40 % des Flascheninhalts verschwanden während der 6 jährigen Lagerung im tropischen Klima Jamaicas.
Du möchtest mehr über Rum erfahren? Trage dich kostenfrei ein und wir schicken dir 4 Poster als Begleitung für dein nächstes Glas Rum
DEGUSTATION DES VELIER HAMPDEN JAMAICA PURE SINGLE RUM 2010
68,5 %Vol. ! Was für eine Hausnummer. Knapp 70 Prozent hat dieser Tropfen und weckte bei mir eine Vorstellung darüber, was gleich auf meine Nase zufliegen wird. Alkohol, Alkohol und danach erst andere Aromen.
Unsinn.
Gießt du den Velier Hampden Jamaica Pure Single Rum 2010 ins Glas musst du ihn nicht atmen lassen, musst ihm keine Ruhepause geben, damit sich der Alkohol verflüchtigen kann.
Dieser hält sich – obwohl er fast Dreiviertel des Flascheninhalts ausmacht – im Hintergrund. Vielmehr strömt dir als erstes eine Fülle an reifen Früchten entgegen. Deutlich erkennst du saftige Kirschen, gefolgt von Guave, Mango und Ananas. Ebenso klar ist eine Note an Nagellackentferner und Lösungsmittel.
Dieser Tropfen ist also eine Art Prototyp des jamaicanischen Rum-Stils, denn in Massen strömen Ester-Verbindungen aus dem Glas. Jene Molekülgruppe, auf die das Gros jamaicanischer Destillerien ihre Produktion ausrichtet.
Das Optimum holst du aus dem Velier Hampden Jamaica Pure Single Rum 2010, wenn du beim Nosing deinen Mund leicht öffnest. Atmest du dann das Bouquet des Rums ein, kann der Luftstrom zirkulieren und du erkennst die Komplexität dieses Destillats.
Zwängst du die Fruchtester beiseite, steht dieser Rum nicht nackt und kraftlos da. Vielmehr zeigt er mit Aromen von Honig, Karamell und Heidekraut, was Vielschichtigkeit bedeutet.
Allein das Bouquet zwingt dich daher über Minuten hinweg am Glas zu bleiben. Und dies ohne einen Tropfen Wasser.
Für das Nosing musst du diesen Rum nicht atmen lassen, für das Tasting hingegen schon. Hierdurch haut der Alkohol im Mund nicht gleich voll auf die Pauke.
Die Frage wie lange du ihn nun atmen lassen sollst, ist jedoch hinfällig. Denn du wirst so lange mit der Nase beschäftigt sein, dass er genug Ruhezeit an der Luft bekommt.
Nimmst du den ersten Schluck, legt er sich mittelschwer auf die Zunge, hinzu kommen aber 3 weitere Dinge, die dir sofort auffallen werden:
- Eine dezente Süße
- Ein gewisser alkoholischer Druck
- Adstringenz
Die Süße sorgt für ein weiches, dezent öliges Mundgefühl. Es steht im Gegensatz zum staubtrockenem Bouquet, ist aber dennoch angenehm.
Auch den Alkohol erkennst du sofort. 68,5 %Vol. fallen einfach auf; das liegt in der Natur der Sache. Allerdings ist es kein unangenehmes Brennen, das dich zum Luftholen zwingt. Vielmehr ist es der Beweis, dass der Velier Hampden Jamaica Pure Single Rum 2010 hervorragend destilliert wurde.
Einen solche Harmonie zwischen Mundgefühl und Alkohol bekommt manch andere Destillerie nicht mit 40 %Vol. hin.
Der dritte Punkt, der dir bei der Verkostung dieses Rums auffallen wird, ist die Adstringenz, die er hervorruft. Es fühlt sich an als ziehe sich deine Mundschleimhaut auf einen kleinen Punkt zusammen. Dies liegt neben dem hohen Alkoholgehalt auch an den Gerbstoffen aus der Fasslagerung.
Suchst du im Mund nach Aromen, spielt dieser Rum wieder die Ester-Karte. Dieses Mal sind es aber vor allem Aprikose, Pfirsich und Ananas.
Diese sind es auch, die den Nachklang prägen. Selbst wenn der Rum deinen Mund bereits verlassen hat, was bleibt ist Aprikose, Ananas und eine eingezogene Mundschleimhaut.
Ein Wahnsinns-Tropfen.
Die Abfüllung scheint ja eine echte Granate zu sein, aber der Preis….. Hui, da muss ich dann doch mal kurz durchatmen. Das sprengt leider mein Budget. Ich begrüße außerordentlich, dass seitens des Abfüllers solch eine Detailfülle angeboten wird. Das ist heute leider viel zu selten anzutreffen! Oft nur viel Markting-Blabla mit wenig Inhalt und reichlich Nebelkerzen.
Da hast du recht, aber ich muss sagen, dass der Inhalt den Preis aus meiner Sicht rechtfertigt. Mir wäre natürlich lieber, wen n die „1“ nicht vorhanden wäre, aber leider steht sie da :)
Viele Grüße
Philip
Sorry aber nein, 150€ sehe ich nicht gerechtfertigt…
Als der Rum vor nem knappen Jahr auf den Markt gekommen ist, lag der Preis bei 70-80€ (was ich für einen 6jährigen schon happig fand, allerdings noch knapp im Rahmen; Preis für Händler müsste um bei rum bei 50€ gelegen haben)
Dass da jetzt Händler das doppelte verlangen, nur weil sie die letzten Pullen haben, macht den Rum aber nicht besser…
Super Rum mit schön vielen Infos aber irgendwo muss man auch mal die Kirche im Dorf lassen…
Velier hat alle Hampden Reserven aufgekauft, da wird sicher noch was besseres/gleich gutes, zu nem faireren Preis nachkommen…
Hallo Calberto,
ich gebe dir Recht, dass es ein Unding ist, wenn manche Händler den Preis aufgrund der Knappheit des Rums um mehrere Prozent nach oben schrauben.
Mein Kommentar zielte aber darauf ab, dass ich bereit wäre, für einen Rum diesen Kalibers 150,- Euro zu bezahlen. Das wäre mir der Genuss in diesem Fall Wert.
70 bis 80 Euro sähe auch ich aber als vertretbareren Preis an. Allerdings finde ich eine Diskussion über den Preis leider mühselig, wenn man nur die Fassreifung heranzieht. Dadurch wird man verleitet, Zusammenhänge aufzustellen, wo es gar keine gibt.
Warum muss ein 10-jähriger mehr kosten als ein 6-jähriger? Man könnte an dieser Stelle damit argumentieren, dass der Hersteller längere Lagerzeiten finanzieren muss. Mehr aber auch nicht.
Denn ob ich als Kunde bei einem 10-jährigen mehr Qualität als bei einem 6-jährigen erhalte, ist in keinem Fall gesagt. Zumal im tropischen Klima 6 Jahre Reifungszeit deutlich größere Spuren hinterlassen als in gemäßigten Breiten wie bei uns.
Wenn es stimmt wie Hampden/Velier angibt – wovon ich ausgehe – dass nach den 6 Jahren weniger als 60 Prozent Fassinhalt noch vorhanden waren, dann muss dies auch erstmal durch den Flaschenverkauf amortisiert werden. Dadurch finde ich es als Kunde schwer bis unmöglich den „gerechtfertigen“ Preis zu definieren.
Besser kommt man mit der Frage hin: „Ist mir die Flasche das Geld Wert? Ja oder nein?“
Gruß Philip
Moin,
gut, wie viel man bereit ist zu zahlen kommt auch immer drauf an, wie man finanziel steht, wie „wertvoll“ das Hobby für einen ist, ob es Alternativen gibt und so weiter.
Wenn du sagst, das Teil ist dir geschmacklich 150€ wert, dann ist das so. Das Problem was ich habe ist die „Message“, die man so schickt, wenn die Händler sehen, dass man solchen Rum für 150€ los wird, wieso sollten dann „Ersthändler“ auch zukünftig mit deutlich weniger begnügen? Da ist man ratzfatz in einer steilen Preisspirale gefangen.
Und eine Preisexplosion kann eigtl langfristig auch nicht in deinem Willen (als Privatperson) sein.
Und gerade weil Geschmack so enorm subjektiv ist, denke ich schon, dass sich ein fairer Preis im großen und ganzen an den nachprüfbaren Fakten orientieren sollte, sprich: Pot oder Column; hoher oder niedriger Angels Share (was ja schon mit Alter, aber, wie schon von dir angesprochen auch mit Lagerort, zusammenhängt.
Ich spreche es ja gar nicht ab, dass hoher Angels Share mit dem Preisschild ausgeglichen werden muss aber dass wird Velier getan haben und man konnte ihn trotzdem für 70-80€ an den Konsumenten bringen.
Starker Review! Hast du auch Notes zu anderen Habitation Veliers? Ich habe mir jetzt den Habitation Velier Worthy Wark 2005 für 130 EUR gekauft. Stolzer Preis, aber ein Wahnsinnstropfen. Würde gerne deine Einschätzung dazu erfahren!
Beste Grüße,
Robert