In meinen Augen ist einer der besten Indikatoren, dass eine Spirituose-Szene auf dem richtigen Weg ist, die Anzahl an Tastings.
Je mehr Veranstaltungen es zu dieser oder jener Kategorie gibt, desto mehr Personen gibt es, die Interesse an deren Hintergründen haben.
Verstehe mich nicht falsch. Eine hohe Anzahl an Tastings ist noch kein Garant, dass jeder kommende Rum ein Highlight wird. Aber eine hohe Teilnehmerzahl ist ein Zeichen dafür, dass es Personen gibt die neugierig sind. Sie wollen mehr über die Hintergründe von Rum erfahren, wollen ihn nicht einfach blind runterwürgen.
In dem Moment, in dem sich Personen zu einem Tasting anmelden, geben sie der Spirituose und dir als Referenten einen Vertrauensvorschuss.
Sie bezahlen die Gebühr, ohne zu wissen, was auf sie zukommt. Sie kommen lediglich mit der Hoffnung, positive Erfahrungen mit nach Hause zu nehmen.
Vielleicht denkst du dir jetzt, dass dies doch auf der Hand liegt. Und du hast Recht. Wenn man darüber nachdenkt, warum ein Rum-Fan zwischen 40 und 90 Euro für eine Abendveranstaltung ausgibt, dann erwartet er auch etwas dafür.
Ich denke du stimmst mit mir überein, wenn ich sage, dass dies jedem bewusst ist, der nur kurz darüber nachdenkt.
Allerdings gibt es da ein Problem.
Wie setzt du als Referent von Rum-Tastings dieses Wissen nun um? Wie organisierst du eine Veranstaltung, die deinen Gästen positive Erinnerungen beschert.
Du wirst da draußen viele Rum-Tastings finden, bei denen diese Frage mit der Qualität des Rums beantwortet wird.
„Ist der Rum gut, sind die Gäste zufrieden.“
Du glaubst nicht, wie viele Seminare ich schon besucht habe, bei denen dies der Fall war.
Das Problem ist nur: Das ist falsch.
Ist der Rum gut, dann sind die Gäste zufrieden, wenn sie eine Flasche davon zuhause haben. Mehr aber nicht. Die Qualität des Rums macht noch keine gute Veranstaltung.
Die Qualität des Rums macht noch keine gute Veranstaltung.
Im Gegenteil.
Ein hochwertiger Rum ist eine unabdingbare Voraussetzung, keine Option.
Stelle es dir vor, wie den Bau eines Hauses.
Der Rum bildet die Bodenplatte. Darin kannst du aber nicht wohnen. Erst das Haus obendrauf macht dein persönliches Schloss daraus.
Aber ohne solide Bodenplatte – ohne guten Rum – geht es eben nicht.
Entscheidend für eine gelungene Veranstaltung bist daher immer du als Referent. Machst du deinen Job schlecht, spielt die Qualität des Rums nur eine untergeordnete Rolle.
Machst du deinen Job aber gut, dann bescherst du deinen Gästen eine positive Erfahrung.
Falls du dich nun fragst, wie du diesen Job gut machst, beachte einfach folgende Kriterien:
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass einer der schwierigsten Punkte in dieser Aufzählung der letzte ist. Einen „roten Faden“ in die Veranstaltung zu bringen, erfordert Vorbereitung.
Ich habe es noch nie geschafft, ein Tasting zu improvisieren, sodass ein „roter Faden“ erkennbar war. Es war mehr ein „Achja, das fällt mir gerade ein…“, „Und habe ich das schon erwähnt?“
Vielleicht improvisierst du ein Rum-Tasting besser als ich und hast hierfür mehr Talent, bei mir geht das jedoch meistens in die Hose.
Was in der Vergangenheit für mich aber immer ein Garant für eine gelungene Veranstaltung war, war eine der folgenden 6 Strategien.
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Diese 6 Strategien machen deine Rum-Tastings zu Gäste-Magneten
Wenn du dir die Strategien durchliest, wirst du merken, dass ich sie in 2 Gruppen geteilt habe:
- Strategien für Einsteiger
- Strategien für Fortgeschrittene
Damit meine ich nicht deine Fachkompetenz, sondern den Wissensstand deiner Gäste. Diesen musst du unbedingt kennen. Denn nichts killt dein Tasting besser als überforderte oder gelangweilte Teilnehmer.
Ich kann dich schon fast fragen hören, woher du wissen sollst, wer kommt.
Die Antwort liegt bei dir und deiner Formulierung. Gehe bei deiner Tasting-Beschreibung darauf ein, welches Vorwissen deine Gäste mitbringen sollen und beschreibe ihnen, was auf sie wartet.
Strategie #1: Verkostungstechniken // Einsteiger
Diese Strategie solltest du bei Gästen verwenden, die bis dato noch kaum Berührung mit hochwertigem Rum hatten.
Denn stelle dir einmal folgendes Szenario vor.
Du bringst deinen Gästen die besten Rums mit, die du ihnen bieten kannst. Echte Perlen. Keiner deiner Gäste kann aber nachvollziehen, was du darin riechst oder schmeckst.
Das ist nicht nur für dich, sondern auch für deine Gäste frustrierend.
Bei Neulingen fährst du daher gut, ihnen zunächst die professionelle Verkostung von Rum näher zu bringen.
Dies liefert ihnen nicht nur Wow-Momente, sondern hinterlässt bei ihnen einen bleibenden Eindruck. Schließlich gibst du ihnen Techniken an die Hand, die sie auch nach deinem Tasting anwenden können.
Tipp: Die Auswahl des richtigen Rums bei einer solchen Veranstaltung ist entscheidend. Damit meine ich nicht die Qualität, sondern dessen Aromen- und Geschmacksprofil.
Vielleicht hast du in der Whisky- oder Rum-Szene schon einmal gehört, dass dieser Tropfen „leicht“ ist und sich daher für Einsteiger eignet.
Aus pädagogischer Sicht ist dies völliger Quark. Denn nur weil eine Rum leicht ist, heißt das nicht, dass dessen Bouquet leicht zu entschlüsseln ist.
Wichtiger ist hingegen, dass deine Gäste auch mit ihrem noch niedrigen Wissensstand Erfolgserlebnisse bekommen. „Rum“ muss bei einem Einsteiger unmittelbar positive Momente hervorrufen. Und am besten funktioniert dies, wenn du Destillate nimmst, mit deutlichen Aromen.
Diese Rums müssen noch nicht mal sonderlich komplex sein, sie müssen nur Aromen besitzen, die leicht zu entschlüsseln sind.
Du solltest dann bei deiner Veranstaltung etwas in dieser Art hören: „Wahnsinn, der riecht ja wirklich total nach Ananas….“
Strategie #2: Nutze Kategorien // Einsteiger
Für Wow-Momente sorgst du bei deinen Gästen auch, wenn du deine Rums in einen historischen Kontext bettest.
Damit meine ich nicht, dass du von der Erfindung der Destillation bis zum Charcoal-Filtered Barrel Aged Blanco Rum alle Stufen durchgehen sollst.
Interessanter ist es für Einsteiger, wenn du ihnen den Einfluss der Kolonial-Stile näher bringst.
Vielleicht denkst du dir jetzt, dass diese aber völlig unpräzise sind. Damit hast du auch recht. Vor allem, wenn man sich bewusst macht, dass – wie im Falle von Guyana – mehrere Kolonialmächte der dortigen Rum-Industrie ihren Stempel aufdrückten.
Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass deine Gäste bei dieser Herangehensweise neues mit altem Wissen verknüpfen können.
Der eine war dort schon im Urlaub, der andere hat darüber ein Buch gelesen etc.
Pflanzt du in dieses Wissen, den ein oder anderen Rum, gibt es Wow-Erlebnisse.
Bei der Auswahl deiner Rums für diese Strategie solltest du dir die Eigenschaften jener Stile ins Gedächtnis rufen.
- Britischer Stil: schwerer Körper, intensives Bouquet
- Spanischer Stil: leichter Körper, dezentes Bouquet
- Französischer Stil: leichter bis mittelschwerer Körper, fruchtig-erdiges Bouquet
Betrachte diese Einstufung aber lediglich als grobe Orientierung. Du wirst einige Rums finden, die dieser Kategorisierung widersprechen.
Strategie #3: Inselvergleich // Einsteiger
Es gibt neben der „Kolonie“-Einteilung eine weitere Möglichkeit, deinen Gästen Rum-Stile verschiedener Inseln zu zeigen.
Nimm dir 2 bzw. 3 Inseln und führe deine Gäste durch deren Rums. Nachdem diese den jeweiligen Stil verinnerlicht haben, vergleichst du dessen Aromenprofil mit dem einer anderen Insel.
Im folgenden möchte ich dir verschiedene Möglichkeiten von Insel-Kombinationen zeigen, die gut funktionieren:
- Möglichkeit: Jamaica / Guyana / Kuba
- Möglichkeit: Jamaica / Barbados / Guadeloupe
- Möglichkeit: Dominikanische Republik / Martinique / Venezuela
Du kannst hier deiner Kreativität freien Lauf lassen. Kombiniere, was dir gefällt. Habe allerdings im Hinterkopf, dass du nur Inseln in ein Tasting packst, deren Rum-Stil sich deutlich voneinander unterscheidet.
Denn vergiss nicht den Wissensstand deiner Gäste.
Strategie #4: Impact Compounds // Fortgeschrittene
Unter Impact Compounds versteht man chemische Verbindungen, die charakteristisch für einen bestimmten Stil sind. Egal, ob Wein, Rum oder Whisky.
Hat eine Region charakteristische Aromen, basieren diese meist auf jenen Molekülen. Nutze dies als „roten Faden“ zum Aufbau deines Tastings.
Vielleicht erkennst du die Parallelen zu Strategie #3. Beide gründen darauf, dass du deinen Gästen Rums einer bestimmten Region oder Insel zeigst.
Strategie #4 hat allerdings einen großen Unterschied zu #3: Tiefe.
Setzt sich ein Einsteiger in diese Veranstaltung, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du ihn überforderst. Denn hier geht es nicht mehr nur darum, den Gast einen Überblick über verschiedene Stile zu geben, sondern mit ihm tiefer einzutauchen.
Stelle es dir ganz einfach so vor.
Strategie #3 beantwortet die Frage: „Was gibt es?“
Strategie #4 beantwortet die Frage: „Wieso gibt es das?“
Du verstehst, was ich meine?
Falls du dich nun fragst, wie du diese Impact Compounds nun genau in dein Tasting einbauen sollst, habe ich hier für dich einen Artikel geschrieben.
Die 3 wichtigsten Gründe für Impact Compunds bei Rum sind demnach diese:
- Terroir bei frischem Zuckerrohrsaft: Martinique, Guadeloupe
- Klima im Bereich der Fermentation und Fasslagerung: alle
- Charakteristische Herstellungsschritte wie Dunder und Muck Pits: Jamaica
Strategie #5: Rum-Deconstruction // Fortgeschrittene
Während du ein Einsteiger-Tasting so aufbauen kannst, dass du deine Gäste durch die Herstellung von Rum führst, kannst du bei Fortgeschrittenen den Spieß umdrehen.
Beginne mit der Fasslagerung und ende – wenn zur Verfügung – mit einer Kostprobe von Melasse.
Du startest also mit den Quartäraromen und arbeitest dich mit deinen Gästen bis zu den Primäraromen durch.
Das Interessante an dieser Vorgehensweise ist, dass du deine Gäste zwingst, außerhalb ihres normalen Schemas zu denken.
Wenn Rum vom Rohstoff über Fermentation zur Fasslagerung hergestellt wird, dann trägst du dies Schicht für Schicht wieder ab.
So spannend dieser Vorgehensweise für deine Gäste aber auch ist, sie hat einen entscheidenden Nachteil für dich: die Verfügbarkeit deiner Verkostungsproben.
Du solltest daher auf Produkte von Destillerien Ausschau halten, die ihren Rum sowohl als Blanco-Qualität als auch mit wenigen und vielen Jahren der Fassreifung anbieten.
Das i-Tüpfelchen wäre natürlich, wenn sie dir zusätzlich eine Probe ihrer Melasse zukommen lassen könnten.
Strategie #6: Fehlersuche // Fortgeschrittene
Bei dieser Strategie ist es wichtig – wichtiger als bei #4 und #5 – dass deine Gäste bereits über ein hohes Maß an Fachwissen und Verkostungstechnik verfügen.
Denn nur wenn du einen Rum professionell verkosten kannst, bist du in der Lage Fehler zu entdecken. Hierfür gibt es 2 Gründe:
- Fehlnoten, so genannte Off-Flavours, sind häufig nur in Nuancen wahrnehmbar
- Sie kommen nur in einem geringen Prozentsatz an Rums vor.
Bietest du ein Tasting unter diesem Thema an, ist es vertretbar – sogar unausweichlich – dass du bereits geöffnete Flaschen verwendest.
Da du nicht in den Laden gehen und „einen Rum mit Fehlern“ kaufen kannst, ist es ein Glücksspiel auf eine solche Flasche zu stoßen.
Folgende Off-Flavors eignen sich für ein solches Tasting:
- Adstringenz: Grund ist ein zu hoher Tannin- und Gerbstoffgehalt aufgrund zu langer Fasslagerung bzw. zu frischem Holz
- „Kork“-Charakter: Dies basiert auf Stoffwechselprodukten wie TCA und TBA. Bakterien auf der Rinde des Korkbaumes können diese produzieren, wenn der Baum mit Pestiziden behandelt wurde.
- Metallischer Geschmack: Dies tritt häufig dann auf, wenn der Rum schlechte Qualität hat, oder er nach der Destillation nicht ausreichend lang „ruhte“.
Egal für welche Strategie du dich nun entscheidest, du solltest die wichtigste Eigenschaft einer gelungen Veranstaltung nicht vergessen: Spaß.
Damit meine ich nicht, dass du ein Geburtstagshütchen und eine rote Nase aufsetzen sollst; damit meine ich: Zeige deinen Gästen, warum dich dieses Destillat so begeistert.
Glaub mir, sie werden es dir danken.

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