“Die besten Gin Cocktails!”, “Gin Tonic beugt Malaria vor!”, “Gin Tonic ist das Getränk der Psychopathen!”
Sobald man ins Internet, auf Social Media Seiten wie Instagram, Facebook, YouTube oder auch auf die Internetseiten der großen Medien bzw. Verlage in Deutschland (Focus, Gala, Bild etc.) geht – überall spielt Gin mittlerweile eine zentrale Rolle.
Es ist ein Produkt, das immer mehr Fans findet und sich somit gut verkaufen lässt.
Mehr als 6500 Gin-Sorten weltweit
Derzeit sind mehr als 6500 Gin-Sorten weltweit bekannt und es werden stetig mehr. Auch in Deutschland schießen neue Marken und Sorten aus dem Boden.
Seit den Jahren 2011 – 2012 erlebt der Gin eine erneute Blütezeit. Gin ist In!
Sobald man sich aber mit dem Thema näher beschäftigt, merkt man, wie komplex es ist. Man wird unter anderem auf die Begriffe Agentur- und Manufaktur-Gin treffen.
Diese Themen werden in der Gin-Community bereits seit einiger Zeit heiß diskutiert. Und auch hier wird sich jetzt der ein oder andere Leser denken: Was ist das denn nun schon wieder?
In diesem Gastbeitrag möchte ich, Maximilian Mende, auch bekannt als Gin-Blogger Ginnatic.com, das Thema Agentur- bzw. Manufaktur-Gins erklären und den Leser dieses Blogs und Magazins so etwas näher bringen.
Derzeit besitze ich über 450 verschiedene Gins in meiner privaten Sammlung – und habe mittlerweile mehr als 600 verschiedene Gins verkostet. Ein großes Netzwerk zu Großhändlern, Manufakturen und Agenturen erlaubt es mir, einen Einblicke hinter die Kulissen des Gin-Marktes zu bekommen.
Von Agentur bis Manufaktur: Ein Überblick

Abb.: Bei Agentur-Gins übernimmt häufig eine Werbeagentur die Produkt- und Ideenfindung.
Der Manufaktur-Gin
Beim Manufaktur-Gin spielt der Produzent bzw. Macher des Gins eine sehr zentrale Rolle. Er steht hinter seinem Gin und zu seiner komplexen Auswahl an hochwertigen Botanicals.
Um einen Gin herzustellen bedarf es in meinen Augen keiner jahrhundertelange Geschichte nur um die Basis für ein Vermarktungskonzept zu legen.
Vielmehr geht es für mich darum, dass ein Endprodukt entsteht, welches geschmacklich entweder eine breite Masse oder aber einen spezielle Zielgruppe trifft.
Beim Manufaktur-Gin kann man zwischen drei unterschiedlichen Arten von Manufakturen unterscheiden:
- Das Traditionsunternehmen
- Die klassischen Brennereien / Keltereien
- Das Start Up
Gehen wir etwas in die Tiefe.
Das Traditionsunternehmen
Alkohol und damit die Destillation stehen seit Jahrhunderten fest im Mittelpunkt unserer Gesellschaft und ist in unserer Kultur tief verankert.
In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Traditionsunternehmen, die schon seit einigen Jahrzehnten, teilweise auch Jahrhunderten, Gin herstellen. Diese Unternehmen machen allerdings nur einen sehr kleinen Anteil auf dem gesamten Gin-Markt aus.
Diese Traditionsunternehmen haben ihre Rezepte oftmals seit vielen Jahren nicht verändert und sind dadurch ihrem Geschmack und ihrer eigenen Identität treu geblieben.
Die klassische Brennerei / Kelterein
Liköre, Brände, Whiskey und auch Geiste sind schon immer wichtige Bestandteil der klassischen Brennereien und auch fester Standfuß des Marktes.
Doch auch Brennereien haben das Potential des Gins erkannt und springen hier oft auf die Möglichkeit der Herstellung der Spirituose auf.
Die Hersteller und Brennerei-Meister haben meist ein sehr breites und tiefes Wissen wenn es um das Destillations-Handwerk geht. Allerdings liegt bei vielen der Schwerpunkt, ebenso wie bei den traditionsreichen Gin-Destillerien, auf dem Handwerk selbst und nicht auf der Vermarktung des fertigen Produktes.
Aber nicht nur Brennereien haben den Trend „Gin“ für sich erkannt, auch viele Keltereien und Winzer haben diesen für sich entdeckt.
Gin ist ein Produkt, das in der alkohol-konsumierenden Zielgruppe gut ankommt. Aus diesem Grund wird es oft zusätzlich in Online-Shops und regionalen Läden angeboten wird, um das Sortiment so zu ergänzen.
Das Start Up
Neben den klassischen Herstellern drängen inzwischen auch viele junge Wilde auf den Markt. Kickstarter und weitere Crowd Funding Portale sind seit einiger Zeit in unserer Gesellschaft fest etabliert.
Mittlerweile gibt es auch vermehrt Gin-Hersteller bzw. Gin-Kreationen, die den Weg auf den Markt durch Crowd Funding Projekte suchen.
Aber nicht nur durch Crowd Funding entstehen tolle, neue Produkte, es gibt vermehrt auch sehr viele junge Unternehmen, die tolle und „runde“ Gin-Sorten produzieren.
Hochwertige Destillationsanlagen sowie ein individuell angeeignetes Wissen rund um das Thema Destillation spielen im Gin-Start Up eine entscheidende Rolle.
Doch die Herstellung des Gins allein macht noch nicht den Erfolg bei einem Start Up aus. Wie bei allen jungen Firmen und Unternehmen ist das Marketing ein essentielles Standbein, um das Bestehen zu sichern und sich langfristig und erfolgreich auf dem Markt zu etablieren.
Der Agentur-Gin
Den Kontrast zum Manufaktur-Gin bildet der Agentur-Gin.
Er treiben den Vermarktungsansatz, den viele Start Up-Manufakturen verfolgen auf den Gipfel, indem Agenturen die Vermarktung in den Vordergrund stellen und die Produktion komplett an Dritte auslagern.
Bei einem Agentur-Gin handelt es sich meist um ein Produkt, welches nicht aus Liebe zum Handwerk oder zum Gin selbst entstanden ist, sondern aus dem Willen Kapital aus dem derzeitigen Hype zu schlagen.
Tolle Stories, aufregende Verpackungen, fancy Webauftritte und spannenden Events sind meist direkt mit dem Markt-Start eines neuen Agentur-Gins verbunden.
Man möchte mit solch einem Gin eine möglichst breite Masse ansprechen und natürlich seine Marge bzw. Umsatz maximieren.
Die meisten Agentur-Gins werden von sogenannten Lohnbrennereien hergestellt. Das bedeutet, dass die Agentur ein bestimmtes Produkt in Auftrag gibt und dieses dann durch eine externe Destillerie fertigen lässt.
Diese übernimmt nicht nur den eigentlich Destilliervorgang, sondern häufig auch das Abfüllen und Verpacken des Gins.
Die Vermarktung des fertigen Gins obliegt anschließend der Agentur bzw. den Auftraggeber.
Woran erkennst du, ob es sich um einen Agentur- bzw. Manufaktur Gin handelt?
Von außen ist es für Laien sehr schwer zu erkennen, ob es sich nun um einen Agentur oder einen Manufaktur-Gin handelt.
Nur wenn man sich wirklich mit dem Produkt auseinandersetzt und Informationen von verschiedenen Quellen zusammenträgt, gelingt es, einen Agentur-Gin von einem Manufaktur-Gin zu unterscheiden.
Auf den Internetseiten, unabhängigen Blogs und Magazinen werden oft die ungefilterte Informationen ohne großes Versteckspiel gegenüber dem Kunden wiedergegeben. Natürlich gibt es auch einige Hersteller, die offen die Geschichte zu ihren Produkten erzählen.
Gibt es Qualitätsunterschiede?
Die größten Unterschiede findet man im Marketing sowie in der Kostenkalkulation. Qualitätsunterschiede sind meist von außen nicht zu erkennen, da die Lohnbrennereien natürlich auch Meister ihres Handwerks sind und somit ebenfalls hochwertige Produkte herstellen können.
Allerdings wird den Agentur-Gins nachgesagt, auf günstige Rohstoffe zurückzugreifen, wodurch die Qualität des Gins leidet – der Preis aber bleibt für den Kunden gleich bzw. ist sogar höher als bei den Manufaktur-Gins.
Bestätigen kann ich diese Behauptung aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen nur bedingt. Natürlich gibt es “schwarze Schafe”, für die die Qualität nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Doch Ausnahmen bestätigen nicht immer die Regel.
Vor- und Nachteile für dich als Kunden
Man kann über hippe Agenturen, die sich das Traditionsprodukt Gin zu eigen machen und somit zu Konkurrenz für die alteingesessenen Traditionsunternehmen oder produktverliebten Start Ups werden, denken was man will.
Was Sie auf jeden Fall geschafft haben, ist Aufmerksamkeit auf das Thema „Gin“ zu lenken und dadurch die Markt- und Produktdiversität zu erhöhen.
Spätestens nach den Gin-Aktionen von Lidl & Aldi ist Gin in der Gesellschaft ein anerkanntes Produkt, das sich an stetig steigendes Zahlen von Interessenten erfeut.
Wären ein Aldi bzw. Lidl auf diesen Trend aufgesprungen, wenn es vorher nicht schon so eine große Marktdiversität gegeben hätte?
Eher unwahrscheinlich, denn ein Gordons, Bombay, Tanqueray und Monkey hätten es wahrscheinlich alleine nie geschafft, den Markt in so kurzer Zeit zu definieren und das Geschäftsfeld Gin bzw. Gin Tonic so rasch wachsen zu lassen.
Die Vorteile
Die Vorteile für den Kunden sind eigentlich klar erkennbar, werden aber trotzdem oft von Herstellern nicht sehr positiv bewertet.
Eine große Marktdiversität sorgt für Konkurrenz und diese sorgt wiederum für ein breites Angebot.
Die aggressive Vermarktung der Agentur Gins erhöht zudem die gesamte Aufmerksamkeit des Marktes für das Produkt „Gin“ und dessen Vielfältigkeit.
Von dieser erhöhten Aufmerksamkeit und Nachfrage profitieren gleichsam auch Manufaktur-Gins, die oft nur wenig Werbebudget haben.
Der Gin-Markt ist ein dynamischer Markt, der nur durch Marken und Sortenvielfalt ein solch rapides Wachstum schaffen konnte.
Der Endkunde profitiert von dieser Vielfalt, da für alle Geschmäcker mittlerweile der richtige Gin erhältlich ist. Egal ob süß, floral, herb, scharf oder auch klassisch – die Botanicals, Aromen und Kombinationsmöglichkeiten sind schier grenzenlos.
Aber nicht nur der Gin-Markt profitiert von dieser Vielfalt. Mittlerweile gibt es auch unzählige Tonic Water, die für jeden Geschmack etwas zu bieten haben. Und so findet sich auch für jeden Gin das passende Tonic Water.
Die Nachteile
Die Nachteile für den Kunden sind relativ gering. Natürlich fällt es als Gin-Anfänger oft schwer, sich eine ordentlich Überblick über all die verschiedenen Marken und Variationen zu verschaffen, aber am Ende findet dann doch jeder “seinen” Gin.
Vielleicht muss dadurch manchmal für einen Agentur-Gin mehr gezahlt werden als für einen Manufaktur-Gin, aber am Ende soll der Gin doch schmecken, oder?
Hi there,
sicher vieles richtig. Wenn man den Gin Markt betrachtet, muß man meiner Meinung nach auch etwas sagen zu der Unterscheidung von Gin und Gin-verwandten Produkten – bei den letzteren aber das „verwand“ nur zu oft fehlt und nur Gin zu lesen ist.
Ich kann nicht auf die Erfahrung von 600 verkosteten Gins zurückgreifen, ein paar sind es aber schon und bei vielem was da gehyped und teuer verkauft wird mußte ich mich fragen, ob die Zuordnung zur Kategorie Gin richtig war.
Die die mich am meisten zweifeln liesen waren viele Agentur Gins dabei – aber auch einige Manufaktur Gins, wo ich sage, handwerklich vielleicht geschmacklich aber sicher nicht. Da hätte man besser die Finger weg lassen sollen.
Nur weil man Gin als aromatisierten Vodka bezeichnen kann, die Sache also ganz einfach klingt, ist es noch lange nicht gesagt, daß jeder seinen Vodka auch so aromatisieren kann, daß die Bezeichnung Gin berechtigt wäre.
Es wird noch eine Weile gehen mit dem Hype von Gins und gin-artigen Liqueueren aber es gibt erste Anzeichen dafür, daß wir das Gröbste hinter uns haben.
Wenn sich dann alles wieder beruhigt hat, wird der bereinigte Markt sicher gute bis sehr gute Qualitäten bieten.
Greetings
kallaskander
Inzwischen hat ja beinahe jedes Dorf seinen eigenen Gin. Ich gebe kallaskander recht, dass der ganz große Boom wohl durch ist. Nichts desto trotz kommen aber immer noch monatlich etliche neue Ginsorten auf den Markt.
Beim Agentur-Gin stört mich die Tatsache, dass oft das Marketing im Vordergrund steht und eher häufiger nicht mit der gebotenen Qualität übereinstimmt. Und das bei meist heftigen Preisen. Selbst bei Small Batch-Varianten halte ich Preise von mehr als 30 € für die 0,5 l-Flasche für Geldschneiderei.
Beim Manufaktor-Gin steht ein klar identifizierbarer Hersteller mit seinem Namen hinter dem Produkt (mit allen positiven wie negativen Konsequenzen). Aus dem Bauchgefühl heraus habe ich den Eindruck, dass diese Art Gin durchschnittlich etwas günstiger eingepreist ist (Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel).
Unterm Strich zählt aber letztlich immer:
1) Schmeckt es mir oder nicht?
2) Kann oder will ich mir dieses Produkt leisten?
Hi there,
ich würde den ernsthaften Gin Trinker oder gar Liebhaber gerne auf das hier aufmerksam machen.
http://imbibe.com/news-articles/spirits-cocktails/gin/gin-lost-mind/
In englisch aber voll auf den Punkt.
Es gab hier mal einen Artikel zum Thema „Gin nimmt den Weg des Vodkas“ -so hieß das nicht aber das war der Tenor.
Laut Imbibe macht man sich nichtmal mehr die Mühe sondern nennt seine aromatisierten Vodkas einfach „Gin“ und wirft bei der Herstellung einfach alibimäßig ein paar Wacholderbeeren irgendwo rein.
Greetings
kallaskander