
Als du die Überschrift gelesen hast, war deine Antwort: „Ja, ich weiß, was Single Malt bedeutet. Definitiv.“
Zumindest ist dies die Antwort, die ich erhalte, wenn ich Whisky-Fans diese Frage bei Seminaren oder Tastings stelle.
Letztlich gehört der Begriff „Single Malt“ zum Standard-Repertoire eines Spirituosen-Fans. Dahinter verbirgt sich eine Whisky-Kategorie, für die mancher Fan Hunderte Euro ausgibt. Pro Flasche.
Dieses Wissen über „Single Malt“ – zumindest habe ich diese Erfahrung gemacht – reicht häufig aber nicht über dessen Definition hinaus.
Als „Single Malt“ bezeichnet man eine zumeist schottische Whisky-Kategorie. Der Begriff „Single“ gibt darüber Auskunft, dass dieses Destillat ausschließlich aus einer einzigen Destillerie stammt. Die Bezeichnung „Malt“ hingegen verrät, dass dieser Whisky auf Gersten-Malz basiert.
Diese Definition zählt zum Grundwissen eines Whisky-Fans. Nichts neues.
Wenigen ist jedoch bewusst, was genau hinter dem Begriff „Malt“ steckt; dass dies dem Whisky-Trinker viel mehr suggeriert, als es am Ende halten kann.
Aus diesem Grund möchte ich dir heute einen Single Malt-Leitfaden präsentieren, der über altbekanntes Wissen hinausgeht.
Dies bietet dir sowohl mehr Know-How für Whisky-Tastings als auch die Chance deine Single Malts mit anderen Augen zu betrachten.
Bevor wir loslegen…
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Kennst du die 2 wichtigsten Gerste-Sorten?
Zu sagen Single Malt basiert auf Gerste, ist… nun ja… unpräzise.
Dies wäre in etwa so, wie zu behaupten, Mozart konnte Geige spielen.
Klar, die Aussage ist korrekt. Sie beschreibt aber in keinster Weise, welch Virtuose er war.
Ähnlich ist es mit der Aussage über Single Malt.
Zwar basiert dieser Whisky-Stil auf Gerste bzw. dessen Malz. Dass bei diesem aber in den letzten 100 Jahren fast im 5-Jahres-Rhythmus eine Sorte durch die andere getauscht wurde, verschweigt es.
Um zu verstehen, welche Auswirkungen dieser Sorten-Wechsel auf deinen Single Malt hat, wirf zunächst mal einen Blick auf folgende Infografik.

Stellst du Gerste-Sorten vereinfacht dar, dann gibt es 2 Varianten. Die mit 2-zeiligen Ähren und die andere mit 6-zeiligen Ähren.
Beide Varianten besitzen 6 Zeilen/Reihen an Körnern. Bei den 2-zeiligen-Ähren sind jedoch nur 2 fruchtbar.
Das ist der eine Unterschied.

Dies und die Tatsache, dass die Körner von 2-zeiliger Gerste rundlicher sind, weniger Proteine und Hülsen enthalten dafür jedoch mehr vergärbaren Zucker.
Und dies ist der Punkt, den du brauchst, wenn es um Single Malt geht.
Zucker, aus dem die Hefe Alkohol herstellen kann.
6-zeilige Gerste kann dies in dieser Menge nicht liefern. Wodurch sie nicht bei den Single Malt-Destillerien sondern vor den Mäulern von Rindern landet.
Je nach dem für welche Variante man sich entscheidet, kann man Gerste sowohl im Winter als auch im Sommer aussähen.
Aufgrund besserer Verarbeitungsmöglichkeiten greifen Single Malt-Hersteller meist jedoch auf Malz zurück, das auf Sommergerste basiert.
Denn letztlich wählt eine Destillerie ihr Gerstenmalz nach einem entscheidenden Gesichtspunkt aus:
Effizienz.
Mehr zum Thema „Single Malt“:
- Whisky: Das große Single Malt-Kompendium
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Das Malz soll mit möglichst wenig Einsatz eine größtmögliche Menge an Alkohol liefern.
Aroma und Geschmack sind in diesem Punkt irrelevant.
Das ist heute so.
Das ist so, wenn du in den Fachhandel gehst und dir einen Single Malt Whisky aus dem Regal nimmst.
Und an diesem Ziel arbeiten Whisky-Destillerien und Getreidezüchter – wie du gleich sehen wirst – seit über 100 Jahren.
Warum gerade Single Malt mit Gersten-Malz? Warum nicht Hafer oder Mais?
Trinkst du einen Single Malt, dann stammen dessen Aromen in erster Linie aus diesen Herstellungsschritten:
- Fermentation
- Fasslagerung
Die Rolle der Gerste ist dagegen eher bescheiden. Wenn ein paar Aromen durchblitzen, ok, wenn nicht, auch.
Denn Gerste soll nicht aromatisch, sondern effizient sein. Es soll kein Geschmacks-Getreide, sondern High Yield-Getreide sein.
Und an dessen „Optimierung“ arbeitet die Whisky-Industrie seit Jahrzehnten.

Je höher die Alkoholausbeute, desto brauchbarer ist die Gerste bzw. dessen Malz für eine Single Malt-Destillerie.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es eine Hand voll Gerste-Sorten, die den Markt bestimmten:
- Spratt
- Annat
- Archer
- Chevallier
- Goldthorpe
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges zeigte sich, dass Kreuzungen einiger dieser Sorten eine noch höhere Alkoholausbeute lieferte.
Spratt-Archer, Plumage-Archer…
Diese beiden bestimmten bis zu Beginn der 1940er zu 80 Prozent den schottischen Malt Whisky-Markt.
Langezeit konnten jene Destillerien ihren Bedarf noch mit heimischen Getreide decken. Ab den 1920ern nicht mehr.
Ab dann begann die Malt Whisky-Industrie Gerste aus unter anderem Dänemark, Chile und Tunesien zu importieren.
Heute hat sich daran nicht viel geändert.
Das heißt, der Single Malt in deinem Regal erhält zwar den Großteil seiner Aromen in Schottland. Sein Rohstoff wuchs jedoch auf Feldern in Kontinentaleuropa, Afrika oder Südamerika.
Grain Whisky Destillerien betrieben diesen Import bereits damals schon deutlich exzessiver.
Eingekauft wurde, was verfügbar und günstig war.
So verwendeten jene Unternehmen zum Beispiel Mais aus den USA oder Argentinien, Hafer aus Schottland und Kanada, selbst Maniok aus Brasilien kam zum Einsatz.
Qualität spielte keine Rolle.
Das wird deutlich, wenn du dir den Mais-Import anschaust.
Die Qualität des Maises, den Grain Destillerien einkauften, entsprach üblicherweise Stufe 3. Die US-Whiskey-Destillerien gingen bei deren Whiskeys jedoch aus Qualitätsgründen nie über Stufe 2 hinaus.
Du siehst, die Hersteller von Malt Whisky legten im Vergleich etwas mehr Wert auf die Qualität ihres Getreides.
Wenn am Ende auch nur aus Gründen der Alkoholausbeute.
Dabei hätte alles ganz anders kommen können.
Nichts mit Single Malt… schon mal von schottischem Hafer-Whisky gehört?

Dass wir heute zahlreiche Single Malts genießen können, liegt an einer entscheidenden Eigenschaft der Gerste.
Deren Enzym-Aktivität.
Auf der Hülle der Gerste haften zahlreiche Enzyme. Jedes davon spezialisiert auf die Zerlegung von Stärke zu Zucker.
Und genau diese Umwandlung ist die Voraussetzung zur Bildung von Malz und dadurch von Alkohol.
Und letztlich auch von Single Malt Whisky.
Zwar kriegen dies auch andere Getreide-Sorten hin. Bei weitem aber nicht so gut wie Gerste.
Und es ist ja nicht so, dass man es nicht probiert hätte.
Während des 17. und 18. Jahrhunderts bauten Landwirte in Schottland vor allem 3 Getreide-Arten an:
- Hafer
- Gerste
- Roggen
Aus jeder wurden Spirituosen destilliert.
Neben der geringen Enzymaktivität hatten Destillateure von Hafer- und Roggen-Whiskys aber noch mit anderen Problemen zu kämpfen.
Hafer zum Beispiel besaß zu viel Hülle und Spelze, was die Maische-Bildung erschwerte.
Roggen hingegen führte zu extremem Hefewachstum.
Häufig gab es daher Destillate, die aus einer Mischung dieser 3 Getreide-Sorten bestanden.
Und so kam es, dass in den Wirren der Geschichte ein paar Whisky-Variationen untergingen:
- Uisquebaugh/Uisge Beatha: basierend auf Gerste
- Trestarig: basierend auf Hafer; dreifache Destillation
- Uisquebaugh-baul: basierend auf Hafer, vierfache Destillation
Den Großteil hiervon kennen heute nicht mal mehr erfahrene Experten.
Geblieben ist uns dafür aber eine der spannendsten unter ihnen: Single Malt Scotch Whisky.
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Bildquelle: Titelbild – AdobeStock/bizoo_n; Gerste – Shutterstock/KITSANANAN
Hallo Philip, gut das es da in anderen Ländern (u.a. Deutschland) „Versuche“ mit Dinkel, Schwarzhafer oder Einkorn gibt. Natürlich wird man damit kein Gerstenmalz ersetzen, die Bandbreite der Aromen aber deutlch erhöhen können. Wären da nicht die strengen Regeln der SMWA würden sicherlich auch in Schottland neben den Fassexperimenten (Kastanie – Chestnut) auch wieder Mash-Bills (Getreide-Rezepturen) für einen kleinen Teil der Produktion Verwendung finden.
Für den Octomore wird ja auch spezielle Gerste (Concerto) verwendet.
Hallo Philip, ein sehr interessanter Exkurs in die Grundlagen der Whiskyherstellung. Das es neben den schottischen Gerstenmalz Whisky’s auch noch andere sehr gute Whisk(e)y’s gibt, ist ja eine sehr erfreuliche Tatsache. Zum Glück habe ich in der Schweiz die Freiheit, mich mit verschiedenen Getreiden zu versuchen. In meiner Blackmoon Distillery wird rauchiges Gerstenmalz mit Dinkelmalz gemischt und zum Blackmoon Whisky verarbeitet. Durch das Dinkelmalz erhält der Whisky eine wunderbare Fruchtigkeit die ich in single malt’s so noch nicht gefunden habe. Ob das jetzt tatsächlich an der Getreidemischung liegt oder an der Fasslagerung kann ich aber nicht mit Sicherheit sagen. Dafür fehlt mir der Vergleich von verschiedensten new makes.
Hallo Urs,
danke für die Infos. Hast du schon mal überlegt, verschiedene New Makes zu kreieren und parallel zu verkosten?
Gruß Philip
Wieder mal interessant. Danke dafür.