
Der Lagavulin 16 Jahre ist der Knaller. Ich meine, er hat 16 Jahre auf dem Buckel; für eine Standard-Qualität heute keine Selbstverständlichkeit mehr.
Zudem spielt er mit Rauch-Aromen in deiner Nase, legt dir Noten von geräuchertem Schinken und Pfeffer auf die Zunge.
Dies sind Gründe, warum der Lagavulin 16 Jahre so viele Whisky-Fans hat, warum er ein Kassenschlager ist.
Schaue nur mal auf Google. Whisky-Fans suchen dort pro Monat den Begriff „Lagavulin 16“ häufiger als „Singleton“ und “ Dalwhinnie“ zusammen.
Diese Omnipräsenz dieses Single Malts war eine der Gründe, warum er einer meiner ersten rauchigen Malts war. Er war ja überall verfügbar.
Und was soll ich sagen; er hat mich aus den Socken gehauen. Diese Kraft, diese Intensität dieses Whiskys wollte ich wieder erleben, wollte noch eine Flasche.
Wollte.
Vergangenheit.
Von der Komplexität von früher scheint in der modernen Variante des Lagavulin 16 Jahre nicht mehr viel übrig zu sein.
Ich meine sogar, er hat einen Mangel.
Bevor wir mit dem Lagavulin 16 Jahre beginnen..
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So entsteht der Lagavulin 16 Jahre
Wirfst du einen Blick auf die Isle of Islay, so liegt die Lagavulin Distillery in der Nähe zu Ardbeg und Laphroaig
Geographisch und sensorisch.
Denn allen 3 Marken ist gemein, dass deren Single Malts ein intensiv-rauchiges Bouquet besitzen.
Aber auch, wenn sie alle mit den gleichen Rohstoffen arbeiten: Den Unterschied erkennst du, einen Lagavulin erkennst du.
Dieser Rauch ist derart trocken, dass du das Gefühl hast, du säßest vor einem schwelenden Kaminfeuer.
„Rauch“ ist aber nur eines von 4 Aromen, die den Haus-Stil von Lagavulin prägen.
Um diesen Stil zu erreichen, setzt die Destillerie auf Malz mit einem „Torfgehalt“ von rund 35 ppm.
Dieses maischen sie ein und schicken es 55 Stunden in die Fermentation. 55 Stunden, damit Hefezellen aus Zucker Alkohol produzieren können.
Und noch eine Hand voll Aroma-Molekülen.
Im Fall von Lagavulin: Enzian und Schwefel.
Anschließend destillieren sie zweifach bis auf einen Alkoholgehalt von 68 bis 69 %Vol. Dafür verwenden die Brennerei 2 Paare an Brennblasen – wobei die Spirit Stills größer sind als die Wash Stills.

Mehr noch. Die Spirit Stills sind nicht nur größer, Lagavulin füllt sie auch beinahe bis zum Rand. Hierdurch bekommt der aufsteigende Alkoholdampf weniger Kontakt zum Kupfer der Brennblasen.
Dieser geringe Kontakt sowie eine langsame Destillation führen zu einem kräftigen, aber auch scharfen Mundgefühl des New Makes.
Nach der Destillation kommt etwas Wasser hinzu, bis der New Make bei 63,5 %Vol. liegt und dann geht es ins Fass.
Bei Lagavulin fast ausschließlich Ex-Bourbon-Fässer.
Dabei lagern nur rund 5.000 Fässer bei Lagavulin vor Ort. Whiskys aus der aktuellen Produktion reifen beinahe ausschließlich auf dem schottischen Festland.
So auch die Fässer für den Lagavulin 16 Jahre.

Was erwartet dich bei diesem Single Malt?
Suchst du im Netz nach Erfahrungsberichten zum Lagavulin 16 Jahre, findest du sie auch. In Massen.
Auch zahlreiche Experten haben ihre Meinung zu diesem Single Malt kundgetan. Beinahe alle von ihnen waren voll des Lobes.
Wirfst du aber einen genauen Blick auf diese Rezensionen, fällt dir folgendes auf: Sie sind alle einige Jahre alt, reichen sogar bis 2011.
Und da stimme ich auch zu. Noch vor wenigen Jahren war der Lagavulin 16 Jahre eine wahre Granate im Glas. Und heute?
Hältst du den Lagavulin 16 Jahre vor weißen Hintergrund, zeigt er eine Farbe, die an Bronze erinnert. Sie wirkt satt, wirkt kräftig.
Allerdings kannst du diesen Schritt des Tastings recht schnell, denn der Malt enthält E150a. Ein Farbstoff, der dafür sorgen soll, dass der Lagavulin zu jeder Zeit, an jedem Ort das gleiche Erscheinungsbild hat.
Ok, also gehen wir zum Bouquet.
Ich habe den Lagavulin 16 Jahre sowohl unmittelbar nach dem Einschenken verkostet, als auch mit rund 10 Minuten Ruhephase.
Der Eindruck: beide Male das gleiche.
Das Bouquet dominieren 3 Eindrücke: milder, trockener Rauch, alkoholische Schärfe und metallische Noten.
Schwenkst du ihn unter der Nase langsam hin und her, hat er aber noch mehr zu bieten. Aus dem Glas steigen Aromen von trockener Eiche, Pfeffer und Mullbinden heraus. Hie und da noch etwas Lack.
Das Bouquet ändert sich nicht, egal ob du ihn wärmer oder kühler trinkst – habe beides probiert.
Wärmst du ihn in deinen Händen an, intensiviert sich der Rauch, gleichzeitig nimmt jedoch die alkoholische Schärfe zu.
Eine Gratwanderung.
Neben Rauch und Schärfe hat der Lagavulin 16 Jahre in der Nase jedoch noch eine weitere Eigenschaft – eine dominante.
Eine metallische Note.
Diese finde ich derart auffallend, dass ich sogar von einem „Whisky-Mangel“ sprechen würde.
Ich vermute daher, dass der Anteil an Whiskys mit einem Alter über 16 Jahren in diesem Single Malt mittlerweile überschaubar ist.
Ich denke auch, dass es sich hier um „Whisky-Drift“ handelt. Das heißt, dass die Destillerie über Jahre den Anteil älterer Destillate in diesem Whisky peu à peu reduziert hat.
Allerdings ist dies nur meine persönliche Einschätzung nach Dutzenden Verkostungen des Lagavulin 16 Jahre.
Im Mund beginnt er ähnlich, zeigt trockenen Rauch und metallische Noten. Schwenkst du ihn mit deiner Zunge, bietet er dir aber zudem blumige Nuancen und einen leichten Körper.
Ähnlich verabschiedet er sich schließlich auch vom Gaumen, mit trockenem Rauch und alkoholischer Schärfe.
Foodpairing mit einem Glas Lagavulin 16 Jahre

Der Purgenuss ist aber nicht alles, was man mit dem Lagavulin 16 Jahre anstellen kann. Je nach Zutat ist es ein hervorragender Single Malt für die Kombination mit Speisen.
Besonders eignen sich hierfür Hauptspeisen und Desserts, die intensiv und kräftig sind.
Z.B. Grillfleisch, Grillgemüse oder Meeresfrüchte etc.
Anbei möchte ich dir eine kleine Auswahl an Zutaten zeigen, die meiner Ansicht nach hervorragend mit einem Lagavulin 16 Jahre harmonieren.
Vorschläge
Gemüse/Käse
Paprika, Olivenöl, gegrillte Champignons, Emmentaler
Kräuter/Gewürze
Dill, Pfefferminz, Pfeffer
Fleisch/Fisch
Lachs, Rind, Austern, Muscheln, Fasan
Früchte
Guave, Feige, Aprikose, Litschi, Cranberry
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Bildquelle: Lagavulin 16 Jahre Packshot: barinart/Shutterstock; Lagavulin Stills: Robert Colonna/Shutterstock; Lagavulin Distillery: Russell Ouellette IV/Shutterstock
Lieber Philip, vielen Dank für den tollten Artikel.
Zum Thema „früher war alles besser“ kann ich etwas schreiben,
da ich stolzer Besitzer einiger alten (Standard)Abfüllungen
aus den 70ziger Jahren bin. Neben Lagavulin ist hier Dalmore
12, Glendronach 12, Glenlivet 12, Aberlour 8 zu nennen.
Ausnahmslos sind die alten Abfüllungen deutlich besser als
die neuen Abfüllungen. Es wäre interessant zu wissen, woran
das liegt, wenn wir davon ausgehen, dass sich in der ver-
schlossenen Flasche nichts mehr tut. LG Andreas
Hallo Andreas,
danke für deinen Beitrag. Wenn die Flaschen geschlossen sind, ändert sich daran nichts mehr. Eine Destillerie kann die Auswahl an Malt Whiskys, die sie für einzelnen Qualitäten auswählt, aber von Charge zu Charge verändert. Daher ist es durchaus möglich, dass der Anteil älterer Destillate über die Jahre reduziert wurde. Was letztlich auch in einer Reduktion der Qualität mündet.
Gruß Philip
Hallo Philip. Was meinst Du denn mit „ältere“ Destillate? Muss bei einem 16 jährigen nicht das jüngste Destillat 16 Jahre haben? Oder meinst du damit, dass früher noch reichlich ältere Destillate (18,20 Jahre) zum Abfüllen verwendet wurden und dieser Umstand zurück geht?
Grüße.
Hey Marc-André,
da hast du Recht. Steht auf dem Label eines Scotch Whiskys 16 Jahre, dann muss auch das jüngste darin enthaltene Destillat 16 Jahre alt sein. Darüber hinaus ist die Destillerie aber frei. Das heißt, sie kann 17-jährigen, 20-jährigen oder noch älteren Whisky dazugeben. Nur eben keinen jüngeren als 16 Jahre. Im Falle des Lagavulin 16 Jahre vermute ich, wurde der Anteil alter Destillate über Jahre reduziert. Allerdings ist dies nur meine persönliche Einschätzung.
Gruß Philip
„Ist der Lagavulin 16 schlechter geworden?“ — ich glaube mit deinem Untersuchungsansatz wirst du das nicht herausfinden. Wieso besorgst du dir nicht über eine Whiskyauktion oder Sammlerbörse einige alte Abfüllungen und probierst es in einem Tasting aus? So ist das doch irgendwie reines Geunke nach dem Motto „früher war alles besser“
Hey Uwe,
danke für deinen Kommentar. Grundsätzlich gebe ich dir Recht. Dein Ansatz wäre natürlich ein guter Vergleich zwischen zwei Qualitäten. Allerdings hinkt sie in einem entscheidenden Punkt. Beim Lagavulin 16 Jahre handelt es sich um ein Massenprodukt und nicht um eine Vintage-Qualität, bei dem einzelne Batches vorhanden wären. Daher ist ein Vergleich von lediglich 2 Versionen des Lagavulin 16 Jahre nicht aussagekräftig, es müssen mehrere aus verschiedenen Zeiträumen getestet werden. Zumindest, wenn man etwas wie „Whiskydrift“ beschreiben möchte.
Daher habe ich mich bei meinen Ausführungen auf meine Tasting Notes gestützt, die ich über Jahre zum Lagavulin 16 Jahre gesammelt habe.
Gruß Philip
Die konnte letztes Jahr einen klassischen Talisker 10yo, der um das Jahr 2000 herum abgefüllt wurde, verkosten, Kein Vergleich zu dem heutigen Zeug in der Flasche. Ich glaube schon, dass diese Aussage für viele der Standardabfüllungen gilt. Wie Philip wohl zurecht vermutet, dürfte der Anteil an langelagerten Fässern bei etlichen Standardabfüllungen massiv gesunken sein. Das geht automatisch zu Lasten des Aromas. Mein Freund Jürgen spendierte auch mal eine alte Flasche Johnnie Walker Black Label, der wohl in 60’zigern oder frühen 70’zigern abgefüllt worden war. Das waren Galaxien im Geschmacksunterschied zum heutigen räudigen Zeug. Früher nicht alles, aber doch einiges besser.
Hey Ingo,
vielen Dank für deinen Beitrag.
Gruß Philip
Hallo zusammen
Talisker ist offenbar ein sehr gutes Beispiel für diese Veränderung. Neben dem allgemeinen Mangel an alten Fassbeständen sind wohl die Preise bzw. die Verfügbarkeit von guten Fässern ein weiterer Grund dafür.
VG
Hey Markus,
danke für deinen Beitrag.
Gruß Philip
Hi there,
natürlich.
Wenn ich schon lese, daß nur 55 Stunden fermentiert wird und die Brennblasen bis zum Rand gefüllt werden, kann er nur schlechter sein als in früheren Jahren als es nicht nur um die optimale Ausbeute aus jedem Produktionszyklus ging.
Da kann man schon streiten, was daran optimal sein soll, wenn 55 Stunden Fermentation schon ein schlechteres Ergebnis erwarten lassen im Vergleich zu 60 oder 70 Stunden.
Dann reden wir noch nicht davon, daß wahrscheinlich wirklich jeder Tropfen in einer Flasche Lagavulin 16 eben 16 Jahre alt ist und keinen Tag älter.
Der am wenigsten gute Lagavulin den ich in letzter Zeit probiert hatte war die Distillers Edition ausgerechnet aus dem Jubiläumsjahr 2016… die war wirklich nicht gelungen.
Und ja, whisky war früher besser aus den verschiedensten Gründen. Wer sich mit Abfüllungen vor 1990 nicht auskennt, kann nicht mitreden.
Greetings
kallaskander
Hallo zusammen,
Leider habe ich mit dem aktuellen L16 auch keine guten Erfahrungen gemacht, Allerdings habe ich die Flasche mit einer vor 5 Jahren gekauften vergleichen können. Es liegen leider Welten dazwischen. Dann habe ich auch andere Vergleiche angestellt und mußte feststellen, dass auch bei Bowmore, Glenfiddich und – wie bereits erwähnt – Talisker große geschmackliche Unterschiede feststellbar sind, die in allen Fällen nicht zum Vorteil waren. Schade.
Aber das ganze hat auch einen Vorteil: Ich war auf bestimmte Sorten festgelegt und jetzt suche ich mal wieder nach neuen Lieblingen.
Hallo Horst,
das finde ich eine gute Sichtweise. So bleibt die Freude an Single Malt Scotch erhalten ;)
Gruß Philip
Nun ja; könnte es sein, dass die Getränkemultis andere Prioritäten setzen als Hedonismus? Persönlich geniesse ich beinahe ausschliesslich Single Malts von Familienbetrieben und unabhängigen Abfüllern. Kostet z.T. (viel) mehr, ist es mir aber wert.